Scone galt als Mittelpunkt des schottischen Königreichs. Noch heute stehen hier der Scone Palace und der Stone of Destiny. Doch was hat es damit auf sich?
Zwei Männer trafen sich im Jahre 906 nach Christus auf einem Hügel nah des heutigen Ortes Perth in Schottland. Der eine war König Konstantin II. von Schottland, der andere war der erste Bischof der Schotten Cellach I. Auf dem “Hügel des Glaubens” schlossen sie einen Pakt: Gesetz und Disziplin des Glaubens sowie die Rechte der Kirche und die Evangelien seien zu wahren.
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Es war das erste Mal, dass der so wichtige Ort Scone schriftlich erwähnt wurde. Wenig später sollte er zum Zentrum der schottischen Könige werden.
Doch all das hat wenig mit dem dort heute stehenden Palast zu tun. Der nämlich stammt nicht einmal aus dem Mittelalter. Das Gebäude wurde erst Anfang des 19. Jahrhunderts in neogothischer Form erbaut, als Sitz der Murrays. Sie waren es auch, die den wunderbaren Garten hier anlegen ließen.
Scone Palace thront nämlich inmitten eines weitläufigen Anwesens. Von der Hauptstraße bis zum Parkplatz führt ein langer Weg, der gesäumt ist von Bäumen.
Die Familie Murray ließ 1846 weitere Arbeiten unternehmen, um den Palast und die Gärten für den Besuch der Königin Viktoria und ihres Gemahls Albert vorzubereiten. Das ist, was wir heute sehen. Doch was war früher, was war zur Zeit der schottischen Könige in Scone?
Um das Jahr 1100 etwa etablierte sich hier ein Kloster, das mehr und mehr an Wichtigkeit gewann. Der Stone of Destiny, der Krönungsstein der schottischen Könige, wurde hier verwahrt. Ab wann, ist allerindings nicht ganz klar. Denn der Legende nach hätte schon König Kenneth MacAlpin (Cináed mac Ailpín) den Stein nach Scone gebracht. Problem dabei: Bis dahin gab es hier nur eine kleine Gemeinde an Mönchen. Der ehemalige wesentlich wichtigere Königshof der Pikten war jedoch in Forteviot, das ein Stück weiter südlich liegt.
Doch spätestens König Malcolm IV. (Máel Coluim IV) nannte Scone dann “in principali sede regni nostri” – den wichtigsten Herrschaftssitz. Das war Mitte des 12. Jahrhunderts. Damals stand hier ein Kloster der Augustiner, das er nun in den Status einer Abtei erhob.
Und der Stone of Destiny? Er soll bereits hier gestanden haben. Die Könige Schottlands sollen auf ihm sitzend gekrönt worden sein. Der Hügel neben dem Palast heißt Moot Hill und genau hier soll die Zeremonie stattgefunden haben. Auch Robert the Bruce wurde hier zum König erhoben. Heute steht hier eine Kapelle, die aber auch erst um 1800 erbaut wurde.
Davor sehen Besucher hier einen relativ schmucklosen Stein mit zwei Ösen. Eine Kopie – vermutlich.
Denn der Originalstein wurde im Jahr 1296 verschleppt. Der englische König Edward hatte gerade die Schotten bei Dunbar vernichtend geschlagen. Neben vielen Adligen ließ er sich damals auch den Stone of Scone übergeben. Er wollte klar machen, wer künftig einen Anspruch auch die schottische Krone habe – er ließ den Stein kurzerhand unter seinem Thron einbauen. Das hielt die Schotten aber nicht davon ab hier weiterhin unabhängige Könige zu krönen. Die Tradition hielt immerhin bis zu Charles II. im Jahr 1651.
Die Abtei von Scone existierte noch bis zur schottischen Reformation, die sie allerdings nicht schadlos überstand. Ein wütender Mob randalierte 1559 im Kloster. Das war der Anfang vom Ende, 21 Jahre später ging die Abtei an Lord Ruthven, der seine Residenz hier einrichtete. Die Ruthvens waren eine wichtige und große Familie in Perthshire, die unter anderem mit den Campbells verbandelt waren. Doch auch ihre Herrschaft währte nur kurz, da sie sich gegen den König verschworen hatten. Ab 1604 zogen die Murrays darum hier ein, denen der Palast bis heute gehört.
Besucher können heute den Prunk dieses Adelsgeschlechts im Palast erkunden. Es gibt viele große Zimmer mit Gemälden, Vasen, Geschirr, Wandteppichen, aufwendigen Möbeln und und und. Die Gärten außen stehen dem in nichts nach. Pfauen stolzieren hier durch den Park.
Besonders schön ist der weiße Pfau.
Eine ausgiebige Erkundung der Umgebung lohnt durchaus. Denn als die Murrays den Palast umbauten, taten sie etwas, was viele Großgrundbesitzer damals taten: Sie verlegten das nahe Dorf weg, um mehr Platz für den Park zu haben. Die Überreste von Old Scone kann man aber noch sehen.
Das große Tor seitlich des Palasts war einst der Eingang zum Dorf.
Direkt dahinter steht das ehemalige Marktkreuz, an dem sich die Händler trafen.
Oder der alte Friedhof aus dem 16. Jahrhundert.
Und wenn man weit genug geht, trifft man auf ein Hecken-Labyrinth namens “Murray Star Maze”, das sich die Murrays zum Zeitvertreib anlegen ließen.
Wissen: Der Stone of Destiny und der Scone Palace
Da steht also ein alter verwitterter Sandstein. Wobei: So alt ist er gar nicht, denn schließlich ist es eine Replik des Stone of Destiny, das steht ja darunter.
Das Problem ist: Das kann mittlereile niemand mehr so genau sagen, denn niemand weiß mehr so recht, wie das Original tatsächlich ausgesehen hat. Einige Quellen sagen, der Stein wäre das Kissen Jakobs aus der Genesis 28, 11-12:
Er nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein. Da hatte er einen Traum: Er sah eine Treppe, die auf der Erde stand und bis zum Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder.
Er sei über Ägypten nach Schottland gekommen und reich verziert. Keinesfalls dem ähnlich, der als Replik in Scone steht.
Doch wann hätte dann ein Austausch stattfinden sollen? Vielleicht als Edward I. den Stein mitgenommen hat. Klar: Wenn ein fremder König den Stein haben möchte, aber nicht weiß, wie er aussieht, kann ein findiger Mönch ihm eine Replik unterschieben.
Die zweite Erklärung für die Herkunft des Steins besagt, er sei mit Fergus MacErc, dem sagenhaften Gründer des schottischen Urreichs Dalriada, von Irland über das Meer mitgenommen worden.
Fest steht: Der Stein, der heute als das Original gilt, ist ein Sandstein, der nahe Scone abgebaut wurde. Nicht anders als die Steine, die auch für den Bau der Abtei verwendet wurden.
Und noch eine Gelegenheit gab es, den Stein auszutauschen: 1950 stahlen Studenten den Stein aus der Westminster Abbey und fuhren ihn nach Schottland zurück. Er zerbrach dabei und ein schottischer Steinmetz reparierte ihn, ehe er wieder nach England ausgeliefert wurde. Der Steinmetz hätte leicht eine Kopie fertigen können.
1996 wurde der Stein schließlich den Schotten wiedergegeben. Er liegt heute in Edinburgh Castle – und letztlich zweifeln sogar Spitzenpolitiker an der Echtheit des Stone of Destiny.
Am Ende bleiben nur Mythos und Glaube …
Persönliche Anmerkung: Herbstspaziergang im Park
Als wir den Palast im November besuchten, war nur der Park begehbar. Es waren wenige Leute dort, dafür war das Wetter gut und die Bäume leuchteten in Herbstfarben. Durchaus ein sehr schöner Besuch. Leider blieb uns die Türe zu den Zimmern verschlossen, ich konnte lediglich das Wappen des Earl of Mansfield mit dem Motto “Uni Aequus Virtuti” über dem Eingang ansehen (ich schaue sehr gerne schottische Wappen an und interpretiere sie).
Tipp: Ab ins Labyrinth
Ein Stück entfernt vom Palast liegt das Hecken-Labyrinth namens “Murray Star Maze”, das sich die Adligen zum Zeitvertreib anlegen ließen. Die Form ist ein fünfeckiger Stern, der die Sterne der Murrays symbolisieren soll. Es liegt nahe dem Besucher-Parkplatz.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: “PH2 6BD” eingeben.
Ohne Navi: Kommend von Edinburgh auf der M90 fährt man über den River Tay und kurz danach ab nach Perth. Unten dann weiter nach Perth, nicht nach Dundee. Der A85 folgen, dann in Bridgend aber nicht nach Perth abbiegen, sondern geradeaus. Leicht links halten auf die A93. Bald kommt links eine Einfahrt mit Hinweisschild zum Scone Palace. Das ist der Queensdrive, der einen bis auf den Parkplatz am Palast führt.